O-Beine (Genu varum): Ursachen, Symptome, Behandlung und Auswirkungen auf die Kniegesundheit
- Roman Welzk | Gründer mein-physio.info
- 8. Juni
- 3 Min. Lesezeit
Die sogenannte O-Bein-Stellung (medizinisch: Genu varum) beschreibt eine Fehlstellung der Beine, bei der die Knie beim aufrechten Stand auseinanderstehen, obwohl sich die Fußknöchel berühren. Diese Achsabweichung sieht aus wie der Buchstabe „O“ – daher der Name. Sie tritt bei Kindern, Jugendlichen oder auch im Erwachsenenalter auf und kann unbehandelt zu Knieschmerzen, Meniskusschäden und frühzeitiger Arthrose führen.
In diesem Artikel erfährst du, wie sich O-Beine entwickeln, welche Beschwerden damit verbunden sein können, wie sie korrekt diagnostiziert und gezielt behandelt werden – und was du tun kannst, um Folgeschäden im Knie zu vermeiden.
Was sind O-Beine?
Bei O-Beinen (Genu varum) verläuft die mechanische Beinachse von der Hüfte über das Knie zum Sprunggelenk nach außen versetzt. Dadurch wird der Druck auf das mediale (innere) Kniegelenk übermäßig erhöht, während die äußeren Gelenkstrukturen entlastet werden. Diese Fehlverteilung führt langfristig zu einem einseitigen Gelenkverschleiß (mediale Gonarthrose).
Ursachen von O-Beinen
Physiologisch (normal in der frühen Kindheit)
Viele Kinder haben bis zum dritten Lebensjahr eine leichte O-Beinstellung – sie normalisiert sich in der Regel von selbst.
Pathologisch (krankhaft) im Jugend- oder Erwachsenenalter:
Morbus Blount (Wachstumsstörung im Schienbeinbereich)
Vitamin-D-Mangel / Rachitis
Frakturen oder Verletzungen mit Fehlheilung
Einseitige Belastung oder Sport mit asymmetrischer Beinbelastung
Muskuläre Dysbalancen (z. B. abgeschwächte Abduktoren)
Adipositas
Degenerative Veränderungen (Kniearthrose) → Genu varum als Folge oder Verstärker
Symptome: So machen sich O-Beine bemerkbar
Abweichung der Beinachse sichtbar
Knieschmerzen auf der Innenseite, v. a. beim Stehen, Gehen, Treppensteigen
Einseitige Knorpelabnutzung (mediale Gonarthrose)
Vermehrter Druck auf den inneren Meniskus
Instabilität oder „Wegknicken“ nach innen
Belastungsschmerz nach Sport oder längerer Aktivität
Bei Kindern: Asymmetrisches Gangbild oder Hinken
O-Beine und ihre Rolle bei Knieproblemen
Eine Valgusstellung (X-Bein) belastet eher den äußeren Gelenkanteil – O-Beine dagegen belasten chronisch die Innenseite des Knies. Diese Überlastung kann zu folgenden Komplikationen führen:
Meniskusschäden innen (medialer Meniskusriss)
Einseitige Arthroseentwicklung (mediale Gonarthrose)
Verminderte Stoßdämpfung
Fehlstellung der Patella → Kniescheibenprobleme
Komplexe Gelenkinstabilitäten
Diagnose: Wie werden O-Beine festgestellt?
Die Beurteilung erfolgt durch:
Körperliche Inspektion im Stand
Interkondylärer Abstand (Abstand zwischen den Knien bei geschlossenen Fußknöcheln)
Videoanalyse im Gang oder bei sportlicher Belastung
Röntgen der Beinachse im Stehen (Ganzbeinaufnahme)
MRT oder CT bei Gelenkschäden oder Operationserwägung
Therapie bei O-Beinen
Je nach Alter, Ursache und Beschwerdegrad werden O-Beine entweder konservativ oder operativ behandelt. Ziel ist es, die Beinachse zu optimieren, die Gelenkbelastung zu verteilen und Schmerzen zu reduzieren.
1. Konservative Therapie
Physiotherapie:
Kräftigung der Hüftabduktoren (v. a. Gluteus medius)
Stabilisation des Kniegelenks
Koordination und Gleichgewicht
Training in korrekter Beinachse
Beweglichkeitstraining Sprunggelenk und Hüfte
Dehnung:
Adduktoren
Waden- und Oberschenkelmuskulatur
Orthopädische Maßnahmen:
Einlagen bei Begleitfehlstellungen des Fußes
Beinachsentraining im Alltag (z. B. bei Kniebeugen, Ausfallschritten)
Kniebandagen zur Führung und Entlastung
Sport:
Radfahren, Schwimmen, Nordic Walking sind gelenkschonende Alternativen
Vermeidung asymmetrischer Sportarten, z. B. Squash, Fußball (bei starken Beschwerden)
2. Operative Therapie (Umstellungsosteotomie)
Bei:
Fortgeschrittener O-Beinstellung
Einseitiger Arthrose
Versagen der konservativen Maßnahmen
Die hohe Tibiakopfumstellung (HTO) korrigiert die Beinachse durch gezieltes Durchtrennen und Neuausrichtung des Schienbeinknochens. Ziel: Entlastung des medialen Gelenkspalts, Verzögerung einer Knieprothese.
O-Beine im Sport: Was beachten?
O-Beine erhöhen das Risiko für:
Mediale Meniskusläsionen
Patellofemorale Schmerzen
Achillessehnenprobleme durch ungünstige Statik
Fehlbelastungen beim Laufen und Springen
Empfehlung: Regelmäßiges Beinachsentraining, ggf. mit Videoanalyse und gezielte Kräftigung der Außenrotatoren und Abduktoren.
Prävention und Alltagstipps
Frühzeitige Korrektur im Kindesalter durch gezielte Bewegung
Barfußlaufen zur Fuß- und Beinachsenschulung
Bewegungsanalyse im Sport oder Beruf
Krafttraining mit korrekter Technik (z. B. bei Kniebeugen)
Vermeidung von Übergewicht zur Entlastung der Beinachse
Fazit: O-Beine erkennen, behandeln und Spätfolgen vermeiden
O-Beine sind nicht nur ein kosmetisches Problem, sondern ein biomechanischer Risikofaktor für Knieschmerzen, Arthrose und Meniskusschäden. Eine genaue Diagnostik und gezielte Therapie – konservativ oder operativ – kann Schmerzen lindern, Beweglichkeit verbessern und Folgeschäden verhindern.
Wer seine Beinachse stabilisiert, Muskulatur gezielt aufbaut und Fehlbelastungen ausgleicht, kann mit O-Beinen gut leben – oder sie sogar funktionell korrigieren.
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