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Schulterschmerzen im Ruhezustand – Ursachen, Diagnose und Therapieoptionen







Schulterschmerzen im Ruhezustand gehören zu den häufig unterschätzten Beschwerdebildern des Bewegungsapparates. Während viele Menschen Schmerzen bei Bewegung oder Belastung der Schulter erwarten, sind Schmerzen, die ohne körperliche Aktivität – etwa im Liegen oder in der Nacht – auftreten, besonders belastend. Sie stören den Schlaf, beeinträchtigen die Erholung und können ein Anzeichen für ernstzunehmende funktionelle oder strukturelle Probleme im Schultergelenk sein.


Definition und klinische Relevanz


Schulterschmerzen im Ruhezustand treten in Phasen ohne aktive Bewegung auf, meist im Sitzen oder Liegen. Häufig berichten Betroffene über eine Verschlimmerung der Beschwerden in der Nacht, insbesondere beim Liegen auf der betroffenen Seite. Der Schmerzcharakter reicht von dumpf und ziehend bis stechend und wird in vielen Fällen durch kleine Bewegungen des Arms oder durch Druck verstärkt. Die Einschränkung der Lebensqualität ist hoch, da Regeneration und Schlaf maßgeblich beeinträchtigt werden.


Anatomische Grundlagen der Schulter


Die Schulter ist das beweglichste Gelenk des menschlichen Körpers und besteht aus dem Schulterhauptgelenk (Articulatio glenohumeralis), dem Schultereckgelenk (Acromioclaviculargelenk), dem Brustbein-Schlüsselbein-Gelenk (Sternoclaviculargelenk) sowie funktionellen Einheiten wie dem Schulterblatt-Thorax-Gelenk. Die muskuläre Führung übernimmt primär die Rotatorenmanschette, ein Verbund aus vier Muskeln, die das Schultergelenk stabilisieren. Zusätzlich spielen Schleimbeutel, Sehnen, Bänder und die Gelenkkapsel eine zentrale Rolle in der Funktionalität und Schmerzgenese.

Häufige Ursachen für Schulterschmerzen im Ruhezustand


1. Subakromiale Bursitis


Eine häufige Ursache für nächtliche Schulterschmerzen ist die Entzündung des Schleimbeutels unter dem Schulterdach (subakromiale Bursitis). Sie kann durch Überlastung, Fehlhaltung oder begleitend zu anderen Schultererkrankungen auftreten. Die Betroffenen klagen über Schmerzen beim Liegen sowie bei passiver Bewegung des Arms über eine bestimmte Höhe hinaus. Im fortgeschrittenen Stadium kommt es auch in Ruhephasen zu persistierenden Schmerzen.


2. Impingement-Syndrom


Das sogenannte Engpasssyndrom beschreibt die Einengung des subakromialen Raumes, wodurch Sehnen und Schleimbeutel zwischen Humeruskopf und Schulterdach eingeklemmt werden. Die Folge sind schmerzhafte Entzündungsreaktionen, besonders bei Hebe- und Drehbewegungen des Arms. Charakteristisch sind Schmerzen in Ruhe, vor allem beim Liegen auf der betroffenen Seite oder bei bestimmten Armstellungen im Schlaf.


3. Kalkschulter (Tendinosis calcarea)


Die Tendinosis calcarea beschreibt eine Verkalkung innerhalb der Sehnen der Rotatorenmanschette, häufig in der Supraspinatussehne. Die Ursache ist bislang nicht abschließend geklärt, vermutlich spielen Durchblutungsstörungen und degenerative Prozesse eine Rolle. Während der sogenannten Resorptionsphase, in der der Körper versucht, die Kalkdepots abzubauen, kommt es häufig zu intensiven Ruheschmerzen. Diese können so stark sein, dass eine normale Nachtruhe unmöglich wird.


4. Tendinitis der Rotatorenmanschette


Chronische oder akute Überlastungen führen zur Entzündung von Sehnenanteilen der Rotatorenmanschette. Die Schmerzen zeigen sich sowohl bei Belastung als auch in Ruhe. Typisch sind druckempfindliche Stellen über dem Oberarm, ein zunehmender Kraftverlust und Schmerzen bei Außenrotation oder Abduktion des Arms.


5. Schultersteife (Adhäsive Kapsulitis)


Die sogenannte Frozen Shoulder beginnt oft schleichend mit Ruheschmerzen, die sich insbesondere in der Nacht und beim Liegen bemerkbar machen. In der Einfrierphase (freezing phase) steht der Schmerz im Vordergrund, später folgt eine zunehmende Einschränkung der Beweglichkeit (frozen phase). Die Ursachen sind nicht immer bekannt, häufig tritt diese Erkrankung idiopathisch auf oder in Folge von Traumata oder längerer Immobilisation.


6. Omarthrose (Gelenkverschleiß des Schultergelenks)


Degenerative Veränderungen im Glenohumeralgelenk führen zu einer schmerzhaften Abnutzung des Gelenkknorpels. Neben Bewegungsschmerzen entwickeln sich im weiteren Verlauf auch Ruheschmerzen. Besonders im fortgeschrittenen Stadium leiden die Betroffenen unter nächtlichem Erwachen durch Schmerzen, Bewegungseinschränkungen und Muskelverspannungen.

Diagnostik bei Schulterschmerzen im Ruhezustand


Eine gründliche Diagnostik ist unerlässlich, um die zugrundeliegende Ursache für Ruheschmerzen zu ermitteln. In der klinischen Untersuchung achtet der Arzt auf Beweglichkeit, Schmerzprovokation, Muskelkraft und mögliche Druckpunkte. Ergänzt wird die körperliche Untersuchung durch bildgebende Verfahren:


  • Ultraschalluntersuchung zur Darstellung von Schleimbeuteln und Sehnenstrukturen

  • Röntgenaufnahmen zum Nachweis von Verkalkungen oder degenerativen Veränderungen

  • Magnetresonanztomografie (MRT) zur detaillierten Darstellung von Weichteilstrukturen, insbesondere der Rotatorenmanschette und der Gelenkkapsel


Laboruntersuchungen sind bei Verdacht auf systemische Entzündungen oder rheumatische Erkrankungen sinnvoll.


Therapiemöglichkeiten – konservativ und operativ

Konservative Therapieansätze


In der Regel wird zunächst ein konservativer Behandlungsansatz verfolgt. Dieser umfasst entzündungshemmende Medikamente (nicht-steroidale Antirheumatika), physiotherapeutische Maßnahmen zur Kräftigung der Schultermuskulatur und Verbesserung der Beweglichkeit, sowie lokale Maßnahmen wie Kälte- oder Wärmetherapie. Zusätzlich kommen in ausgewählten Fällen Infiltrationen mit Kortikosteroiden oder Hyaluronsäure zum Einsatz.

Bei schmerzhaften Verkalkungen der Sehne kann eine extrakorporale Stoßwellentherapie (ESWT) die Auflösung der Kalkdepots unterstützen. Auch manualtherapeutische Maßnahmen oder Faszienbehandlungen können zur Schmerzlinderung beitragen.


Chirurgische Maßnahmen


Sollten konservative Therapien über einen Zeitraum von mehreren Monaten keine ausreichende Besserung bringen oder liegt ein struktureller Schaden (z. B. Rotatorenmanschettenruptur, fortgeschrittene Arthrose) vor, kann ein operativer Eingriff notwendig werden. Dabei kommen minimalinvasive Verfahren wie die Arthroskopie zum Einsatz, etwa zur Dekompression bei Impingement, zur Kalkentfernung oder zur Rekonstruktion gerissener Sehnen.

In schweren Fällen von Arthrose kann ein Gelenkersatz (Schulterendoprothese) in Betracht gezogen werden.

Prävention und Empfehlungen für den Alltag


Um Schulterschmerzen im Ruhezustand vorzubeugen oder langfristig zu reduzieren, ist eine Kombination aus gezieltem Muskelaufbau, ergonomischer Alltagsgestaltung und regelmäßiger Bewegung entscheidend. Besonders im Büroalltag ist auf eine aufrechte Haltung sowie auf Schulterbewegungen im vollen Bewegungsradius zu achten. Überkopfarbeiten und monotone Belastungen sollten möglichst vermieden werden.

Auch die Schlafposition spielt eine große Rolle. Rückenlage mit leicht erhöhtem Oberkörper und ein unterstützendes Kissen unter dem betroffenen Arm können die Schulter entlasten und die Druckbelastung auf das Gelenk reduzieren.


Fazit


Schulterschmerzen im Ruhezustand sind ein ernstzunehmendes Symptom, das nicht ignoriert werden sollte. Die Bandbreite möglicher Ursachen reicht von entzündlichen Erkrankungen über mechanische Engpässe bis hin zu degenerativen Prozessen. Eine frühzeitige, differenzierte Diagnostik und individuell angepasste Therapie sind entscheidend, um chronische Verläufe zu vermeiden und die Lebensqualität der Betroffenen zu verbessern. Die Kombination aus medizinischer Behandlung, gezielter Bewegungstherapie und präventiven Maßnahmen bietet in den meisten Fällen eine gute Prognose.




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