Osgood-Schlatter-Krankheit: Wenn das wachsende Knie schmerzt
- Roman Welzk | Gründer mein-physio.info
- 8. Juni
- 3 Min. Lesezeit
Die Osgood-Schlatter-Krankheit ist eine häufige orthopädische Wachstumsstörung bei jugendlichen Sportlerinnen und Sportlern, die zu Schmerzen und Schwellungen im Bereich unterhalb der Kniescheibe führt. Besonders betroffen sind aktive Kinder und Jugendliche zwischen 10 und 16 Jahren, die viel laufen, springen oder ihre Oberschenkelmuskulatur stark belasten. Obwohl die Erkrankung gutartig ist, kann sie ohne gezielte Behandlung zu chronischen Beschwerden oder Bewegungseinschränkungen führen.
In diesem Artikel erfährst du, was Osgood-Schlatter genau ist, wie sie sich äußert, was du dagegen tun kannst – und wie du deinem Kind hilfst, wieder schmerzfrei und sicher Sport zu treiben.
Was ist die Osgood-Schlatter-Krankheit?
Die Osgood-Schlatter-Krankheit, medizinisch korrekt als Osteochondrosis tibiae proximalis bezeichnet, ist eine Reizung und Verdickung des Sehnenansatzes der Patellarsehne am Schienbein (Tibia). Sie tritt während des Wachstums auf, wenn Knochenwachstum und Sehnenbelastung nicht mehr im Gleichgewicht sind.
Durch die wiederholte Zugbelastung der Patellarsehne auf den noch weichen Knochen des Schienbeinbeinkopfs (Tuberositas tibiae) kommt es zu Mikroverletzungen, Schmerzen, Entzündungen und im Verlauf zu einer knochenähnlichen Vorwölbung unterhalb der Kniescheibe.
Wer ist besonders betroffen?
Jungen häufiger als Mädchen (wegen späterer Wachstumsphase)
Alter: zwischen 10 und 16 Jahren
Sportlich aktive Kinder und Jugendliche
Sportarten mit hoher Beinbelastung: Fußball, Basketball, Handball, Leichtathletik, Turnen, Skifahren
Ursachen: Warum entsteht die Osgood-Schlatter-Krankheit?
1. Wachstumsbedingte Ungleichgewichte
Der Knochen wächst schneller als Muskeln und Sehnen → erhöhte Zugkräfte
2. Wiederholte Belastung
Springen, Laufen, abruptes Stoppen belasten die Patellarsehne stark
3. Ungleichgewichte im Muskel- und Gelenkspiel
Verkürzter Quadrizeps
Schwache Gesäß- oder Hüftmuskulatur
4. Individuelle Veranlagung
Genetische Faktoren
Fußfehlstellungen (z. B. Überpronation)
Symptome: Wie äußert sich Osgood-Schlatter?
Druckschmerz unterhalb der Kniescheibe (an der Tuberositas tibiae)
Schwellung oder sichtbare Vorwölbung
Schmerzen bei sportlicher Belastung: Springen, Sprinten, Kniebeugen
Beugeschmerz oder Schmerzen beim Hinknien
Stechender oder ziehender Schmerz beim Strecken gegen Widerstand
Beschwerden oft einseitig, aber auch beidseitig möglich
Wichtig: Die Beschwerden treten ohne Trauma auf – meist schleichend über Wochen oder Monate.
Diagnose: Wie wird Osgood-Schlatter festgestellt?
Die Diagnose erfolgt meist klinisch anhand von:
Anamnese: sportliche Aktivität, Wachstumsschub, Schmerzverlauf
Tastbefund: deutlicher Druckschmerz an der Schienbeinbeule
Bewegungstests: Schmerz bei Kniebeugung, Streckung gegen Widerstand
Röntgen: zeigt unregelmäßige Knochenstruktur an der Tuberositas tibiae
Ultraschall oder MRT: bei unklarer Abgrenzung zu anderen Diagnosen
Therapie: Was tun bei Osgood-Schlatter?
1. Schonung, aber keine vollständige Ruhigstellung
Vermeidung belastender Aktivitäten (Springen, Sprinten, tiefe Kniebeugen)
Sportarten mit geringer Stoßbelastung (z. B. Schwimmen, Radfahren) sind möglich
2. Physiotherapie
Ziel: Entlastung des Sehnenansatzes durch gezielte Muskelarbeit
Dehnung des Quadrizeps und Hüftbeugers
Kräftigung des Gluteus medius / maximus
Verbesserung der Beinachsenstabilität
Faszienmobilisation zur Entspannung des vorderen Oberschenkels
3. Kühlen
Eispackung nach Belastung (10–15 Min, nicht direkt auf die Haut)
4. Bandagen oder Tapes
Patellarsehnenband (Entlastung am Sehnenansatz)
Kinesiologisches Tape zur Unterstützung
5. Medikamente
NSAR (z. B. Ibuprofen) bei akuten Entzündungsschüben (kurzzeitig und in Rücksprache mit Arzt)
Prognose: Wann wird es besser?
Die Osgood-Schlatter-Krankheit heilt in der Regel spontan aus, wenn das Wachstum abgeschlossen ist.
In 80–90 % der Fälle verschwinden die Symptome innerhalb von 6–18 Monaten
Die knöcherne Verdickung bleibt oft lebenslang tastbar, ist aber beschwerdefrei
Wichtig ist, Spätfolgen durch Überlastung zu vermeiden
Komplikationen (selten, aber möglich)
Knochenabsprengung der Tuberositas tibiae
Chronische Reizung der Patellarsehne
Narbenbildung mit Empfindlichkeit beim Hinknien
Alltagstipps für Eltern & Jugendliche
Trainingsumfang reduzieren – lieber regelmäßig, aber dosiert
Nach dem Sport kühlen
Gutes Schuhwerk mit Dämpfung
Keine Schmerzmittel zur Sportfreigabe
Bei längeren Pausen: langsamer Wiedereinstieg
Übungen bei Osgood-Schlatter (unter Anleitung!)
🔹 Dehnung Quadrizeps
Standbein beugen, Ferse zum Gesäß ziehen, Hüfte gestreckt halten
🔹 Hüftstabilisation
Seitliches Beinheben (Gluteus medius)
Hip Thrusts auf Matte oder Ball
🔹 Mobilisation der Faszien
Oberschenkelvorderseite mit Faszienrolle ausrollen
Achtung: Alle Übungen sollten schmerzfrei durchführbar sein!
Fazit: Osgood-Schlatter ist heilbar – mit Geduld und gezielter Unterstützung
Die Osgood-Schlatter-Krankheit ist für viele Jugendliche ein unangenehmes, aber zeitlich begrenztes Problem. Sie entsteht durch eine Kombination aus Wachstum, Belastung und muskulärer Dysbalance – lässt sich aber durch angepasstes Training, Entlastung und physiotherapeutische Betreuung gut in den Griff bekommen. Eine frühzeitige Reaktion hilft, chronische Verläufe und unnötige Schmerzen zu vermeiden.
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